Der lange Weg bis zum Bahnbau
Als der Bau der Ludwigs-Nord-Süd-Bahn von Nürnberg über Bamberg bis zur nördlichen Grenze des Königreiches Bayern beschlossen wurde, wandte sich 1841 auch der Stockheimer Steinkohlegrubenbesitzer von Swaine an die bayerische Staatsregierung mit der Bitte um Berücksichtigung Stockheims beim Bau der Bahn bis zur Landesgrenze. Doch diese erste vom Staat gebaute Linie nahm einen anderen Weg, über Kulmbach und die berühmte "Schiefe Ebene" nach Hof.
In Bayern bemühten sich zu dieser Zeit viele Orte um einen Anschluss an das Eisenbahnnetz, doch der zu dieser Zeit sparsam agierende Staat kam diesen Wünschen kaum nach. Daher waren manche Regionen bereit, den Eisenbahnbau selbst zu finanzieren und nach dem Bau einer sogenannten "Pachtbahn" diese dann an den Staat zu übergeben. Kurz nach Eröffnung der ersten dieser Pachtbahnen in Bayern, richtete Herr von Swaine 1853 erneut ein Gesuch an die Regierung, in dem auch ein Gutachten enthalten war, das die Notwendigkeit einer Eisenbahnlinie nach Stockheim darlegen sollte. Aber auch diesem Gesuch wurde nicht stattgegeben. Im Jahr 1856 äußerte auch erstmals die Stadt Kronach den Wunsch zum Bau einer Pachtbahn, dies scheiterte jedoch zunächst aus finanziellen Gründen. Diese Bemühungen führten erst zum Erfolg, als sich ab Dezember 1859 der wohlhabende Nürnberger Fabrikant Theodor von Cramer-Klett den Ersuchen der Kronacher Gremien anschloss und das notwendige Baukapital zur Verfügung stellte.
Der Bau- und Pachtvertrag zwischen der Gernaldirektion der königlich bayerischen Verkehrsanstalten einerseits und der Stadt Kronach sowie Theodor von Cramer-Klett andererseits vom 01. Februar 1860 sah zunächst den Bau einer Eisenbahnlinie von der bestehenden Ludwig-Nord-Süd-Bahn in Hochstadt abzweigend nach Gundelsdorf vor. Die Baugenehmigung hierfür wurde am 27. März 1860 an die Stadt Kronach erteilt. Von einer Weiterführung nach Stockheim wurde zunächst abgesehen, da die Lage des Stockheimer Bahnhofes noch nicht entgültig geklärt war. Die Eröffnung der Strecke Hochstadt - Gundelsdorf fand am 20. Februar 1861 statt. Im darauffolgenden Jahr wurde schließlich auch der Bau- und Pachtvertrag für die Weiterführung der Bahnlinie nach Stockheim beschlossen und die Baugenehmigung erteilt. Die Inbetriebahme der Strecke Gundelsdorf - Stockheim erfolgte schließlich am 01. März 1863.
Anschluss nach Norden (Loquitztalbahn)
In der Folge wandte sich der bayerische Bahnbau anderen Projekten zu, die Linie nach Stockheim blieb also eine Stichbahn. Auch nördlich des Frankenwaldes wurde zunächst nur an die Erschließung des Saaletales gedacht. Hier wurden im Jahr 1871 die Bahnstrecke Gera - Saalfeld - Eichicht (heute Kaulsdorf) und am 01. Mai 1874 die private "Saalbahn" von Großheringen über Jena nach Saalfeld eröffnet.
Letztere Strecke bot einen Anknüpfungspunkt für die in Bayern und Thüringen geführten Diskussionen zum Bau einer schnellen Nord-Süd-Verbindung über den Frankenwald hinweg. So waren verschiedene Varianten in Planung: Der Bau einer vor allem thüringischen Bahn am Rande der Grenze zu Bayern über Lauscha nach Sonneberg, dies wurde allerdings aufgrund der schwierigen topografischen Verhältnisse schnell wieder aufgegeben. Eine weitere Variante, die vor allem von dem damaligen Fürstentum Reuß und der Stadt Schleiz gewünscht wurde, sollte eine Verlängerung der von Gera nach Triptis führenden Strecke nach Schleiz und weiter über Teuschnitz nach Stockheim oder über Nordhalben nach Kronach darstellen. Das Königreich Bayern bevorzugte jedoch die kürzeste Variante, die Verbindung der beiden Stichbahnen nach Stockheim und Eichicht über Rothenkirchen, Steinbach am Wald und Ludwigsstadt.
Am 21. Januar 1882 wurde zwischen Bayern, Preußen, Sachsen-Meiningen und Schwarzburg-Rudolstadt der Vertrag zum Bau einer Hauptbahn von Stockheim über Ludwigsstadt nach Eichicht (heute Kaulsdorf) mit Anbindung zu den bestehenden Strecken geschlossen. Die Strecken Stockheim – Ludwigsstadt und Eichicht – Probstzella wurden am 08. August 1885 in Betrieb genommen, der Lückenschluss zwischen Ludwigsstadt und Probstzella folgte am 01. Oktober 1885. Die Strecke hatte ursprünglich nur ein Gleis, jedoch war das Planum für einen zweigleisigen Ausbau angelegt. Der betriebliche Ablauf mit Zugteilungen und vielen Lokleerfahrten der Schiebelokomotiven auf der Steilstrecke erzwang schnell die Verlegung des zweiten Streckengleises. So konnte bereits am 22. November 1890 der zweigleisige Betrieb auf den Steilrampen zwischen Rothenkirchen und Probstzella aufgenommen werden.
Alle Fahrten über die Frankenwaldrampe wurden zunächst ausschließlich von der bayerischen C IV (sowohl Zwillings-, als auch Verbundlokomotiven) bestritten, weshalb in Rothenkirchen und Probstzella immer umgespannt werden musste. Diese Lokomotiven waren der Betriebswerkstätte Lichtenfels / Lokstation Rothenkirchen zugeteilt. Aufgrund der steigenden Zuggewichte kam es nun auch vor, dass einzelne Züge von bis zu zwei C IV nachgeschoben und vor der planmäßigen Zuglok noch eine weitere C IV als Vorspannlok eingesetzt wurde und somit bis zur vier arbeitende Maschinen dieses Bautyps an einem Zug waren. Die C IV bewährte sich gut und war noch mehr als 30 Jahre auf der Frankenwaldbahn im Einsatz.
Im Reisezugdienst verkehrten anfangs die bayerischen B V und B VI bis Rothenkirchen, schnellere Züge wurden von B IX befördert. Im Norden waren preußische 1'B-Maschinen bis Probstzella im Einsatz.
Bayerische B IX mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h.
Ab 1896 kamen auch neuere und stärkere Schnellzug-Lokomotiven der Bauart B XI der Betriebswerkstätte Nürnberg auf der Frankenwaldbahn zum Einsatz. Anfang verkehrten diese Lokomotiven nur bis Rothenkirchen, ab 1897 erfolgte auch der Einsatz bis Probstzella in Doppeltraktion oder mit C IV-Vorspann. Ab 1902 kamen die Nürnberger B XI schließlich auch im Durchlauf von Nürnberg bis nach Saalfeld. Im Sommer 1899 verkehrten anfangs mit den Zügen D 17/18 und D 23/24 zwei Schnellzugpaare auf der Frankenwaldbahn. Ab dem Sommerfahrplan 1900 wurde diese Strecke für den Schnellzugverkehr Berlin - München der bisherigen Linie über Regensburg und Hof bevorzugt, daher kamen mit D 39/40 und D 79/80 vier weitere Zugleistungen dazu. Diese beiden Zugpaare sollten mit ihren bis 1944/45 gleichbleibenden Nummern zum Inbegriff des Schnellzugverkehres zwischen Berlin und München werden. Ab Sommerfahrplan 1904 kamen auch C V im Schnellzugdienst zwischen Nürnberg und Saalfeld zum Einsatz. Der bayerische Durchlauf nach Saalfeld im D-Zug-Verkehr war zu Regel geworden. Als Ausgleich fuhren dafür preußische Maschinen im Güterzugdienst bis Rothenkirchen.
Die Fahrzeit zwischen Probstzella und Hochstadt betrug damals im Schnellzugverkehr mit Halten in Ludwigsstadt, Rothenkirchen und Kronach etwa eineinhalb Stunden. Die langsameren Personenzüge benötigten für diese Strecke etwa zweieinhalb Stunden. Ein wesentliches Hindernis für eine schnellere Verkehrsdurchführung war die Eingleisigkeit der Streckenabschnitte Saalfeld - Probstzella und Hochstadt - Rothenkirchen. Aufgrund des rasch ansteigenden Verkehrsaufkommens im Frankenwald beschloß der Landtag in Bayern am 17. Oktober 1901 den Ausbau der verbliebenen Abschnitte zu einer Doppelbahn. Am 01. Mai 1903 begangen die Bauarbeiten hierfür im Abschnitt zwischen Stockheim und Rothenkirchen. Dabei wurde die Frankenwaldbahn auch auf einem Abschnitt verlegt: Um sich eine zweite Mainbrücke zu sparen, ließ man die Strecke nach Gundelsdorf ursprünglich erst auf Höhe der Ortschaft Horb am Main von der Ludwig-Süd-Nord-Bahn abzweigen. Im Zuge der Baumaßen zur Zweigleisigkeit legte man die Horber Kurve still und baute eine direkte Verbindung in Richtung Redwitz, nun etwas früher von der Strecke Bamberg - Hof abzweigend inklusiver einer zweiten Mainbrücke. Ab dem 01. Mai 1905 konnte dann auf der gesamten Strecke von Hochstadt über Saalfeld bis Kösen das zweite Streckengleis genutzt werden. Einer schnelleren Verbindung München - Berlin und einer Erweiterung des Zugangebotes stand nun nichts mehr im Wege.
Der Höhepunkt des Aufkommens im durchlaufenden Reisezugverkehr wurde mit dem ab Sommer 1912 geltenden Fahrplänen erreicht. Im Sommerfahrplan 1914 konnten folgende Fernzüge auf der Frankenwaldbahn verzeichnet werden:
- D 39 / 49: München - Berlin und zurück, Kurswagen von/nach Triest und Rom
- D 45 / 46: Nürnberg - Berlin und zurück, Kurswagen von/nach Stuttgart, Lindau und Mailand
- D 49 / 50: München - Berlin und zurück, Nachtzug mit Kurswagen von/nach Verona
- D 69 / 70: Lindau - Berlin und zurück, Nachtzug mit saisonalen Kurswagen von/nach Zürich
- P 76: Leipzig - München
- D 79 / 80: München - Berlin und zurück, Kurswagen von/nach Triest und Rom
- P 103: Nürnberg - Leipzig
- D 168: Berlin - München, Nachtzug mit Kurswagen von/nach Lindau
- P 169: München - Leipzig, Kurswagen von/nach Breslau
- P 170: Leipzig - München
Waren die ab 1905 bei der Betriebswerkstätte Nürnberg beheimateten bayerischen S 3/5 spätestens ab 1910 im Plan nach Saalfeld eingesetzt, so sollten ab Sommerfahrplan 1912 diese modernen Schnellzuglokomotiven schon bis Halle (Saale) durchlaufen, was einer Strecke von 314 km entspricht!
Bayerische S 3/5 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h.
Nürnberg erhielt im Jahr 1912 auch seine ersten S 3/6, die auch ab Sommer desselben Jahres im Plan nach Halle eingesetzt wurden. Zur Jahreswende 1913/14 kam mit der Gt 2x 4/4 eine weitere Neubau-Dampflok in den Frankenwald: Von den 15 gebauten Exemplaren erhielt die Betriebswerkstätte Lichtenfels zehn Maschinen, die je zur Hälfte in den Lokomotivstationen Rothenkirchen und Probstzella beheimatet wurden. Eingesetzt wurden diese im Güterzugdienst oder als Schublok. Die Gt 2x 4/4 sollte für 27 Jahre das Bild der Dienststelle in Rothenkirchen prägen: Bis 1941 blieb sie dort. Zehn Maschinen dieser Bauart waren ständig für den Dienst auf der Frankenwaldbahn bereit.